ERKELENZ

Dezember 16, 2022

Ein Hotel aus Containern

VON ALEXANDER C. BARTH – GENERAL ANZEIGER

Im „Tin Inn“ soll es weder Rezeption noch Frühstück geben. Dafür soll das Konzept nachhaltig sein und Personal sparen.

In Meckenheim und an zehn weiteren Standorten in NRW sollen Hotels in Modularbauweise aus alten Frachtcontainern entstehen.

Ausgediente Frachtcontainer sind eine der drei Grundzutaten für das Hotel der Zukunft, das in Meckenheim entstehen soll. Dort und an zehn weiteren Standorten in NRW will die in Wassenberg im Kreis Heinsberg ansässige Containerwerk GmbH ihr „Tin Inn“- Franchise etablieren. Übersetzen ließe sich das mit „Blechbüchsen-Hotel“ – das 2017 gegründete Startup versucht gar nicht erst, die Sache mit den Containern hinter Marketingbegriffen zu verstecken. Im Gegenteil: Für seine Ideen hat das Unternehmen Design- und Nachhaltigkeitspreise eingeheimst. Das Prinzip ist einfach: Frachtcontainer, die ihre für den Gütertransport vorgesehene Lebensdauer überschritten haben, werden günstig eingekauft und im Werk der GmbH zu Wohnmodulen umgebaut. Diese können vergleichsweise schnell und günstig zu einem Gebäude zusammengesetzt werden wie dem Tin Inn. Dieses besteht aus 15 Containern, von denen jeweils fünf übereinander geschichtet werden. So ist Platz für 20 Zimmer, zwölf und 26 Quadratmeter groß.

„Das wird aber nicht so ein Low-Budget-Ding wie ein Truckstop“

Nico SauerlandGeschäftsführer

Computergrafiken zeigen, wie sich das Unternehmen sein neuartiges Hotel an dem Standort, den die Meckenheimer Politik bereits abgesegnet hat, vorstellt: Eine Fläche in Bahnhofsnähe, neben den Gleisen, auf denen bislang noch vorbereitende Erdarbeiten erfolgen. Bis das Tin Inn in Meckenheim öffnet, werde es voraussichtlich noch mindestens ein Jahr dauern, sagt Nico Sauerland, einer der Geschäftsführer, im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Das erste Hotel soll im Januar 2023 in Erkelenz an den Start gehen. Bewusst schielt die GmbH für das Franchise weniger auf Großstädte. „Es geht uns um Hotels, wie wir sie selbst auf Geschäftsreisen oft nicht gefunden haben“, erklärt Sauerland. Also günstige Übernachtungsmöglichkeiten nicht nur etwa in Köln und Bonn, wo die großen Hotelketten angesiedelt sind, sondern auch in Mittelstädten wie Meckenheim. Geschäftsreisende und Monteure bilden die wichtigste Zielgruppe – wohlfühlen sollen sich im Tin Inn auch preisbewusste Touristen und Familien. „Das wird aber nicht so ein Low-Budget-Ding wie ein Truckstop“, betont Sauerland, dass man sich mit einem „Drei-Sterne-Plus“- Standard vom Billigsegment abzuheben gedenke.

Der Kontakt nach Meckenheim sei über die Wirtschaftsförderung zustande gekommen, erinnert sich der Geschäftsführer. „Dort war man schnell offen für Gespräche, später hat uns Bürgermeister Holger Jung mit einer kleinen Delegation besucht und sich fertige Module angesehen“, berichtet Sauerland, der das Konzept auch im zuständigen Fachausschuss vorstellte. Die beiden weiteren Grundzutaten für das Tin Inn, Nachhaltigkeit und Digitalisierung, wussten dabei offenkundig zu überzeugen. Der Produktionsprozess der Module werde ebenso wie das Betriebskonzept einer strengen Nachhaltigkeitsprüfung unterworfen, sagt der Geschäftsführer: „Bis ins letzte Detail, vom Teppichboden bis zum Reinigungsmittel.“ Das Werk in Wassenberg produziere mit Photovoltaikanlagen mehr Strom, als dort gebraucht werde, und die Containerhotels sollen mit regenerativer Energie versorgt werden.
Ressourcen schonen soll auch die Umkehr des Konzepts „Bitte nicht stören“, bei dem Hotelgäste mit einem Schild signalisieren, dass sie auf die tägliche Reinigung verzichten. Im Tin Inn werde standardmäßig nicht täglich geputzt, erklärt Sauerland, sondern nur, bevor neue Gäste einchecken. Wer Wert auf tägliches Durchwischen lege, könne dies ohne Mehrkosten mit einem „Bitte putzen“-Schild veranlassen.

Abgesehen von Reinigungspersonal soll der Franchisenehmer nicht viele Mitarbeiter vorhalten müssen, aus diesem Grund wird auf einen Empfangsschalter ebenso verzichtet wie auf ein Restaurant. Der Checkin erfolgt online, für den Zutritt zu den Zimmern gibt es einen Pincode, für Probleme wird eine 24-Stunden-Hotline eingerichtet. Frühstücken sollen die Gäste in der örtlichen Gastronomie. „Wir achten bei der Auswahl der Standorte darauf, dass es die auch in fußläufiger Entfernung gibt“, merkt Sauerland an. So trete man auch nicht in Konkurrenz zu örtlichen Gastronomen. Das minimalistische, digitale Konzept des Tin Inn schaut nicht nur auf die Kosten, sondern ist auch eine Antwort auf den Fachkräftemangel – die GmbH kennt die Situation im Gastgewerbe und will Franchiseunternehmern die Sache so schmackhafter machen.

In Meckenheim gebe es bereits Interessenten, verrät Sauerland, der Pachtvertrag für das Grundstück müsse aber noch fertig ausgehandelt werden. Man gehe davon aus, dass die im Werk vorproduzierten Container innerhalb von 14 Tagen aufgebaut werden können, das müsse sich in Erkelenz aber noch bei der ersten realen Umsetzung beweisen. In jedem Fall dürfe man, auch wenn das modulare Hotel bei Bedarf relativ leicht wieder abzubauen oder umzuziehen wäre, das Konzept nicht mit der üblichen provisorischen Containerbauweise verwechseln, sagt Nico Sauerland: „Wir peilen am jeweiligen Standort einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren an – das Tin Inn ist kein Wanderzirkus.“

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